Unberührtes Inselparadies- Die Azoren
- Verena
- 25. Nov. 2015
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. März
Steilklippen wie in Schottland, Palmen, die neben Tannen wachsen, schwimmen in heißem Thermalwasser und Tee trinken auf Europas einziger Teeplantage- willkommen auf São Miguel!
Zu unserer Azorenreise im Jahr 2015 kam es eher durch einen Zufall. Wir hatten im November zwei Wochen Urlaub, wollten unbedingt in die Natur und am liebsten wandern (es sollte aber nicht zu kalt und natürlich möglichst einsam sein!).
Eine Flugsuche zeigte uns als Vorschlag die Azoren an. Schon mal von gehört, aber wo genau liegt das eigentlich? Nach einer kurzen Recherche war ich sofort hin und weg. Noch am gleichen Tag buchten wir die Flüge.
Die übliche Reaktion auf unsere Reise: ``Azoren? Ich kenne nur das Azorentief!´´
Die Azoren- Eine kleine Ortskunde
Zu dem zu Portugal gehörenden Vulkanarchipel, das inmitten des Atlantischen Ozean liegt, zählen neun Inseln. Das Klima ist ganzjährig mild und somit für einen Besuch zu jeder Jahreszeit geeignet.
Aufgrund der Kosten für die Fährverbindungen zwischen den Inseln, und da wir lieber eine Insel richtig erkunden wollten, entschieden wir uns, die 14 Tage auf der größten Insel São Miguel zu verbringen.
Da die Insel mit einer Größe von nur ca. 16x63km überschaubar ist, suchten wir uns jeweils eine Unterkunft im Osten und Westen der Insel, um von dort aus alles zu erkunden.
Sete Cidades- wo die Zeit stillzustehen scheint
Unsere erste Unterkunft, die wundervolle und noch recht neue 7 Cidades Lake Lodge, liegt in Sete Cidades im Westen der Insel und besteht aus drei kleinen, unglaublich geschmackvoll und modern eingerichteten Holzhütten mit Kamin inmitten eines kleinen Gartens. Von unserem Gastgeber wurden wir mit einem großen Präsentkorb mit lokalen Lebensmitteln wie frischem Ziegenkäse, Milch und Marmelade empfangen. Aus den großen Fenstern hat man freie Sicht in den grünen Garten oder -wie in unserem Fall- sogar auf den See.
Durch seine zwei verschiedenfarbigen Kraterseen bekannt, findet man in dem kleinen Ort neben einigen Wohnhäusern gerade mal eine Kirche. Zur Versorgung mit Backwaren am Morgen gibt es einen Bäcker -ein einfaches Haus ohne Warentheke, wo die Bedienung die einzig angebotene Brot- oder Brötchensorte direkt aus der Backstube bringt-, und ab und an hält mal ein kleiner Verkaufswagen, bei dem man sich mit Obst und Gemüse eindecken kann.
Einen Supermarkt sucht man in näherer Umgebung vergebens. Erst im einige Kilometer entfernten, übernächsten Ort gibt es einen kleinen Tante Emma-Laden für die nötigsten Erledigungen. Nebenbei bemerkt ist es von Vorteil, die Landessprache zu sprechen oder aber fit in Zeichensprache zu sein. ;)
Es gibt im Ort gerade mal zwei Möglichkeiten, etwas zu essen. Direkt am See gibt es einen Imbiss, und zum Mittagessen waren wir im Restaurant Lagoa Azul, wo es an einem Tag am Wochenende ein großes Buffet gibt. Obwohl wir auf den portugiesischen Schildern nicht entziffern konnten, was genau wir da gerade essen, war es eine leckere und vor allem authentische Erfahrung, da man als vermutlich einziger Tourist inmitten von Einheimischen sitzt, die sich dieses Event ungern entgehen lassen.
Wer ein Ziel fernab vom Massentourismus und viel Ruhe (viel Ruhe!) sucht, ist auf den Azoren goldrichtig.
Seine Zeit verbringt man hier mit langen Spaziergängen, wandern, radfahren oder man versucht sich beim Wassersport am See.
Wir haben den größeren See auf dem Wanderweg Mata do Canário umwandert (keine besonderen Steigungen, dafür viel Wind) und hatten vom Rand der Caldera, über den ein Großteil der Strecke führt, eine wundervolle Sicht auf beide Seen auf der linken und das Meer auf der rechten Seite.
Absolutes must-see ist der Aussichtspunkt Miradouro da Lagoa do Canário, wo wir den zuvor lange auf Fotos bewunderten Ausblick auf beide Seen live genießen konnten. Die Aussicht von dort ist einfach atemberaubend und sollte auf keiner Reiseroute fehlen!

Von Sete Cidades aus ging es für uns nach Ponta de Ferraria, wo man bei Ebbe kostenlos in einem offenen Meerschwimmbecken schwimmen kann. Bei Flut oder bei starkem Seegang ist das Schwimmen extrem gefährlich bis unmöglich, da das vom offenen Meer hereinströmende Wasser nur so gegen die Steine peitscht und man am Rand des Beckens kaum Halt findet.
Durch die Lavasteine wird das Wasser durchschnittlich auf rund 28°C angenehm erwärmt, sodass selbst Frostbeulen später behaupten können, im Winter im Meer geschwommen zu sein. Wer nicht ins Wasser möchte, kann sich auf den angewärmten Steinen entspannen.
Unweit unserer Unterkunft führte uns eine Wanderung zu mehreren Seen, welche man auf seiner Route passiert, u.a. der idyllische Lagoa Rasa.

Ein unvergessliches Highlight auf der Fahrt in Richtung Osten zu unserer zweiten Unterkunft war der Zwischenstop am Lagoa do Fogo. Während man bereits von der Straße von den Miradouros unzählige phänomenale Ausblicke hat, begaben wir uns zu Fuß hinunter zum See. Der schmale Pfad führt terrassenförmig immer tiefer hinunter zum Ufer, wo es märchenhaft still ist. Bis auf das Plätschern des Wassers, das Rauschen des Windes und einigen kreischenden Vögeln herrscht dort absolute Ruhe. Man kann am Ufer entlanggehen oder an einem Steg stundenlang direkt am Wasser sitzen, ohne auch nur eine einzige Menschenseele zu sehen.
Daher: Proviant nicht vergessen und unbedingt Zeit einplanen, um diesen Ort in Ruhe genießen zu können!
Als Teetrinker/in darf auf keinen Fall ein Stop an der -neben der benachbarten Teeplantage Cha Gorreana- einzigen Teeplantage Europas, Chá Porto Formoso, fehlen.
Hier haben wir uns nach der interessanten Führung mit Schwarztee bevorratet (übrigens auch ein schönes Mitbringsel, denn wer hat schon von einer Teeplantage mitgebrachten Tee?). Von einer Terrasse aus hat man einen schönen Blick auf die Teefelder und kann entspannt seinen Tee genießen.
Furnas- Tal der heißen Quellen
Unsere zweite Unterkunft im Osten war das Furnas Boutique Hotel Thermal&Spa, welches neben einem wirklich großartigen Frühstücksbuffet auch über ein sehr empfehlenswertes Restaurant verfügt, in welchem wir häufig gegessen haben. Das Hotel hat neben einem Spa-Bereich einen mit warmem Thermalwasser gefüllten Pool, in welchem man in schönstem Ambiente bei klassischer Musik herrlich entspannen kann.
Warum Furnas berühmt für seine heißen Quellen ist, wurde uns schnell klar, da direkt hinter dem Hotel die heißen Quellen Caldeiras das Furnas liegen, aus denen es nur so brodelt und blubbert. Der Schwefelgeruch (faule Eier trifft es absolut passend) ist im ganzen Ort zu riechen.
Etwas entfernt liegen am See von Furnas die berühmten Caldeiras da Lagoa das Furnas, wo man bei der traditionellen Zubereitung des Nationalgerichts Cozido -oder: Eintopf wie bei Oma- zusehen kann. Hier werden mit Cozido gefüllte Gefäße in tiefe Löcher im Boden eingelassen und das Essen dort einen Tag lang unterirdisch gekocht.
Man sagt, dass jede Familie und jedes Restaurant ein eigenes Cozido-Rezept hat. Probieren kann man den meist aus Fleisch, Fisch und Gemüse bestehenden Eintopf anschließend in einem der Restaurants im Ort. Ob es ein geschmackliches Highlight ist? Nun ja, das ist ja bekanntlich auch immer subjektiv...
Furnas ist gleich aus mehreren Gründen ein lohnenswertes Ziel. Im Ort gibt es den Parque Terra Nostra, welcher als schönster Park Europas gilt. Und das mehr als zurecht! Neben unzähligen Pflanzen und Blumen, die man in dem botanischen Garten bestaunen kann, befindet sich inmitten des Parks ein Thermalbecken, das dank seiner Wassertemperatur von 38°C das Schwimmen bei jedem Wetter ermöglicht. Ein einzigartiges Erlebnis!
Bleiben wir beim Thema Schwimmen und Baden:
Plant, wenn ihr in Furnas sein, unbedingt einen Besuch im Naturschwimmbad Poça da Dona Beija ein.
Schwimmen mal anders: Thermalbaden bei 39°C.
Wer es noch etwas ursprünglicher mag, der fährt nach Ribeira Grande (übrigens unweit des Lagoa do Fogo) und geht dort in der verwunschenen Caldeira Velha inmitten eines grünen Dschungels baden. Mehr Natur geht nicht!
Was viele nicht wissen: Die Azoren sind ein Eldorado für Canyoning (oder auch Schluchtenwandern mit Abenteuercharakter und Adrenalingarantie).
Wir hatten das Glück, alleine mit zwei Guides unterwegs gewesen zu sein und hatten einen spektakulären Nachmittag. Unsere Tour startete und endete im Parque Natural da Ribeira dos Caldeirões. Zwar ist dieser kleine, aber absolut sehenswerte Park künstlich angelegt, fügt sich aber vielleicht gerade dadurch in die ohnehin schon surreal erscheinende Landschaft ein. Es gibt einen kleinen Wasserfall, Wassermühlen und auch ein Bistro sowie kleinen Souvenirshop (hier ist dann doch ein Hauch von Tourismus spürbar).
Bei einem Aufenthalt im Parque Natural da Ribeira dos Caldeirões fühlt man sich buchstäblich wie in einer anderen Welt.
Und sonst?
Es lohnt sich, sich etwas Zeit zu nehmen und die Insel an der Küste mit dem Mietwagen zu umrunden und hier am besten an jedem Aussichtspunkt (und davon gibt es eine Menge!) Halt zu machen, da ein Ausblick spektakulärer ist als der andere.
Plant man einen Aufenthalt auf den Azoren, sollte auf keinen Fall wetter- und vor allem windfeste Kleidung fehlen, da es je nach Region öfter mal regnet und oft ein teils sturmartiger Wind weht.
Mit einer guten Sicht ist es auf den Azoren oft eher Glückssache, da in den Bergen gerne die Wolken hängen bleiben. Dafür ändert sich das Wetter nicht selten von einer Minute auf die andere.
Wer sich an der Natur sattgesehen hat (ist das überhaupt möglich?), der fährt in die Hauptstadt Ponta Delgada, wo es eine kleine Einkaufsstraße mit dem einen oder anderen Laden gibt. Wer hier eine Shoppingmeile erwartet, wird enttäuscht, dafür gibt es unweit der Innenstadt ein kleines Einkaufszentrum.
Ist man erst einmal angekommen, lebt es sich hier wirklich günstig: Insbesondere die Getränkepreise sind deutlich niedriger als der europäische Durchschnitt, und auch beim Essen kommt man recht preisgünstig weg. Die Eintrittspreise z.B. in die Naturbäder sind mit unter 8€ absolut günstig.
Wer interessiert ist und noch Zeit hat, meldet sich zum Whale Watching an. Hier wird darauf geachtet, mit kleinen Booten rauszufahren und die Tiere nicht unnötig durch Lärm zu stören. Azorentypisch hatten wir schlechte Sicht an dem Tag, sodass unsere Tour ausfiel.
Uns haben die 14 Tage vor Ort haben ausgereicht, um alle Highlights anzusehen und noch einige Tage zu entspannen und uns von der atemberaubenden Natur beeindrucken zu lassen.
Bei allem dem Lob gibt es dann aber doch zwei Kritikpunkte:
Für uns ist die Landesküche ein fast so entscheidendes Kriterium für die Wahl des Reiseziels wie das Ziel an sich. Leider hatte São Miguel für uns bzw. besonders für mich als Vegetarierin nicht viel zu bieten. Wir hatten uns regionale und saisonale Küche mit frischem Gemüse und fangfrischem Fisch versprochen. Den bekommt man jedoch nur ganz vereinzelt an Küstenorten, da es sich laut Aussage eines Gastronomen aufgrund der wenigen Touristen nicht lohnt, frischen Fisch anzubieten.
Glücklicherweise kamen wir dank Recherchen und Empfehlungen in einige wenigen Restaurants dann doch noch auf unsere Kosten.
Wer gerne wandert oder länger unterwegs ist, sollte außerdem unbedingt etwas zu Essen einpacken, da es leider keinerlei Restaurants oder Cafés unterwegs gibt, um für ein Mittagessen oder eine kurze Pause einzukehren.
Warum Azoren?
Oft kam uns die sich stets verändernde Landschaft geradewegs surreal vor. An den Steilklippen wie in Schottland, Wiesen voller Kühe wie in den Alpen, dazu Palmen wie im Süden neben orange gefärbten Blättern der Bäume im Herbst. Saftig grüne Wiesen wechseln sich mit Meerblick ab. An dem Naturschauspiel kann man sich einfach nicht sattsehen!
Auf den Azoren hat man vor allem eines: Absolute Ruhe. Und eine fantastisch frische Luft!
Eine Reise, die die perfekte Entschleunigung verspricht. Wir haben uns selten so schnell und nachhaltig erholt wie in diesem Urlaub. Kaum ein Ziel ist uns so bleibend in Erinnerung geblieben. Einige unserer Freunde und Bekannten waren derart beeindruckt von unseren Erzählungen und Bildern, dass sie die Azoren selber bereist haben.
Anreise/Mobil unterwegs
Eine Anreise auf die Azoren ist aufgrund ihrer Lage im Atlantik nur via Flugzeug möglich.
Eine Fortbewegung ohne Mietwagen ist eher schwierig, da Busse nur vereinzelt und unregelmäßig fahren. Manche Sehenswürdigkeiten sind nur bedingt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
Es lohnt sich also, mehrere Wochen für die Reise einzuplanen und direkt noch ein, zwei Nachbarinseln zu besuchen.
Wer immer noch nicht überzeugt ist, hier noch einige Impressionen:
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